St. Pölten (OTS) – „Unser Sozialsystem ist ein zentraler Pfeiler
unserer Gesellschaft –
und es lebt vom Vertrauen aller. Dieses Vertrauen wird dort
gefährdet, wo Leistungen in Anspruch genommen werden, ohne dass ein
Anspruch besteht. Leider ist Sozialbetrug im Steigen begriffen“,
analysiert Wirtschaftskammer NÖ-Präsident Wolfgang Ecker und verweist
auf die Österreich-Zahlen des Bundeskriminalamts: 2024 wurden knapp
4.900 Fälle von Sozialbetrug angezeigt (plus 9,1 % gegenüber 2023).
Seit Gründung der Taskforce gegen Sozialleistungsbetrug (Solbe) im
Innenministerium 2018 summiert sich der Schaden auf rund 135
Millionen Euro.
Wettbewerbsfähigkeit unter Druck
Für Unternehmen wird der Missbrauch von Sozialleistungen
betriebswirtschaftlich zum Problem: Unlautere Wettbewerbsbedingungen
durch Unternehmerbetrug und steigende Krankenstände führen zu
massiven Kosten und verringern die Wertschöpfung. „So melden zum
Beispiel dubiose Firmen Arbeitskräfte häufig nur geringfügig an,
während diese praktisch Vollzeit arbeiten – mit negativen Folgen für
die Sozialversicherung und für unsere seriösen Unternehmen, deren
Wettbewerbsfähigkeit leidet“, zeigt der WKNÖ-Präsident auf. Auch
Lohndumping sowie nicht korrekt bezahlte Sozialleistungen,
insbesondere durch ausländische Betriebe, verschärfen die Situation.
Auch die Krankenstandbelastung ist für heimische Unternehmen im
internationalen Wettbewerb ein Hemmschuh, analysiert WKNÖ-Direktor
Johannes Schedlbauer den WIFO-Fehlzeitenreport 2025, der eine
durchschnittliche Anzahl an Krankenstandstagen mit 15,1 Tagen
ausweist. „Gleichzeitig steigt die Anzahl der Langzeitkrankenstände,
was die Planbarkeit für Unternehmen ebenfalls erschwert“, so der WKNÖ
-Direktor, der aber auch betont: „Keinesfalls ist jeder Krankenstand
mit Sozialmissbrauch gleichzusetzen, aber Trittbrettfahrer schaden
dem Solidaritätspakt. Wir brauchen einen verantwortungsvollen Umgang
mit Krankenstand und eine Stärkung der persönlichen
Gesundheitsvorsorge.“
Systemische Schwachpunkte entfernen
Auch beim Arbeitslosengeld und der Sozialhilfe setzt sich die
WKNÖ für eine Eindämmung des Missbrauchs ein: 2024 wurde ein Anstieg
von 4,8% bei den Sanktionen verzeichnet, vor allem bedingt durch die
Ablehnung zumutbarer Arbeit oder Fernbleiben von AMS-Terminen. Auch
dass Krankenstände eine aufschiebende Wirkung und den Bezug von
Arbeitslosengeld verlängern, weil sie nicht auf die Bezugsdauer
angerechnet werden, ist genauso ein systemischer Schwachpunkt, wie
auch die Besonderheit, dass Österreich als einziges Land eine
zeitlich unbegrenzte Notstandshilfe auf hohem Niveau gewährt, wodurch
Lücken im System entstehen.
Vorteile für Unternehmen und Arbeitnehmer
Die Wirtschaft braucht daher klare Rahmenbedingungen. „Als WKNÖ
fordern wir mehr nationale und EU-weite Kontrollen, konsequente
Sanktionen und eine stärkere digitale Vernetzung der Behörden. Das
schafft fairen Wettbewerb, sichert die Finanzierung der
Sozialversicherungen und entlastet zugleich Arbeitgeber“, so Ecker.
Denn von einem konsequenten Vorgehen gegen Missbrauch profitieren
alle: „Die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen wird gestärkt,
das Sozialsystem nachhaltig finanziert und das Vertrauen in die
gesellschaftliche Solidarität wiederhergestellt. Der
Wirtschaftsstandort bleibt so attraktiv und zukunftsfähig – für
Betriebe wie Beschäftigte“, sind sich Ecker und Schedlbauer einig.
Das aktuelle Positionspapier „Unser Standpunkt“ der
Wirtschaftskammer Niederösterreich widmet sich dem Thema „Zukunft
braucht Fairness“. Download: wko.at/noe/standpunkt




