Wien (OTS) – Mitsuko Aoyama war eine der ersten Japanerinnen in
Europa. An der
Seite des adeligen „Weltbürgers“ Heinrich Johann Graf von Coudenhove-
Kalergi verließ sie in den 1890er Jahren Japan, um ins
Vielvölkerreich Österreich zu ziehen. Als Tochter eines angesehenen
japanischen Antiquitätenhändlers gab ihr die Kaiserin des sich gerade
dem Westen öffnenden Japan höchstpersönlich den Wunsch mit auf den
Weg, dass sie ihrer Heimat Ehre erweisen solle. Mitsuko bekam sieben
Kinder, die sie traditionell „österreichisch“ aufzog. Ein
Schicksalsschlag im Jahr 1906 – ihr Ehemann und Vertrauter Heinrich
verstarb im Alter von 47 Jahren. Nun war die 32-jährige Mitsuko mit
den Kindern auf sich allein gestellt. Im Jahr 1918 endete die
Donaumonarchie. Mitsuko erlebte in ihrer neuen Heimat zwei
Weltkriege. Ihr Sohn Richard Coudenhove-Kalergi war der Visionär der
Pan-Europa-Union, der ältesten noch bestehenden europäischen
Einigungsbewegung. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1941 lebte Mitsuko
zurückgezogen mit ihrer jüngsten Tochter Olga in Mödling.
Die „Universum History“-Dokumentation „Mitsuko – Eine Gräfin zwischen
den Kulturen“ greift Mitsukos außergewöhnliche Lebensgeschichte im
zeitlichen Kontext auf und schildert, wie sie zu einer Frau wurde,
die noch im Japan von heute als emanzipierte Galionsfigur gefeiert
wird. Unter der Regie von RANFILM-Produzentin Stephanie Ninaus werden
derzeit die aufwendigen Spielszenen realisiert. Gedreht wurde bzw.
wird u. a. auf Schloss Horn, Schloss Obermayerhofen, im Hotel Park
Hyatt Vienna, im Stadttheater Baden sowie im tschechischen Ronsperg.
In den Hauptrollen stehen Manaho Shimokawa als Mitsuko und Michael
Edlinger („Soko Linz“, 2026 auch in der neuen ORF-1-Serie
„Pflegeleicht“ zu sehen) als Heinrich Coudenhove-Kalergi vor der
Kamera von Anna Hawliczek. Interviews mit den Nachfahren – Enkelin
Barbara Coudenhove-Kalergi bzw. die Brüder und Urenkel Lorenz und
Clemens Coudenhove-Kalergi – sowie weitere Expertinnen und Experten
ergänzen das Filmprojekt mit geschichtlichen, aber auch persönlichen
Erzählungen. Gedreht wird voraussichtlich bis Mitte November,
geplanter ORF-2-Sendetermin ist im Frühjahr 2025. „Mitsuko: Eine
Gräfin zwischen den Kulturen“ ist eine Koproduktion von ORF, Česká
televize und RANFILM, gefördert von Cine Art, Land Niederösterreich,
Filmfonds Wien und Fernsehfonds Austria mit freundlicher
Unterstützung von ORF-Enterprise.
Ein Setbesuch Anfang Oktober im Schloss Horn bot in Anwesenheit von
Schlossherrin Petra Hoyos, Clemens und Lorenz Coudenhove-Kalergi,
Produzentin und Regisseurin Stephanie Ninaus, des Hauptdarsteller-
Duos Manaho Shimokawa und Michael Edlinger sowie „Universum History“-
Chefin Caroline Haidacher die Möglichkeit, hinter die Kulissen der
aufwendigen Reenactments zu blicken:
RANFILM-Produzentin und -Regisseurin Stephanie Ninaus:
„Mitsuko war eine der ersten Japanerinnen in Europa. Sie war eine
willensstarke und pflichtbewusste Frau, die ab dem Zeitpunkt, wo sie
allein war, eigenständig gelebt hat und auch leben musste, um ihren
Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Das Leben in Europa war für
sie sicherlich ein Kulturschock. Ich glaube aber, dass ihr die
Weltoffenheit ihres Mannes geholfen hat, sich hier einzuleben.
Inspiriert zu dieser Doku hat mich ein Artikel von Mitsukos Enkelin
Barbara Coudenhove-Kalergi über ‚Japans Sisi‘. Je mehr ich danach
über Mitsukos Leben gelesen habe, desto mehr hat mich ihre Geschichte
fasziniert. Durch den engen Austausch mit der Familie ermöglicht
diese Doku ein facettenreiches Bild einer ‚Gräfin zwischen den
Kulturen‘, die man so noch nicht kennt“.
Manaho Shimokawa zur Rolle der Mitsuko:
„Mitsuko genießt in der Großelterngeneration Japans noch immer sehr
hohes Ansehen. Daher freut es mich besonders, diese Rolle spielen zu
dürfen – die Rolle einer jungen Frau, die als eine der ersten
Japanerinnen aus einem damals noch völlig abgeschotteten Land nach
Europa kommt und sich hier in einer für sie gänzlich fremden Kultur
einfinden muss. Mich beeindruckt vor allem, mit welcher Disziplin sie
als junge Witwe mit sieben Kindern allen Schicksalsschlägen zum Trotz
ihren Weg gegangen ist, und ich hoffe sehr, dass diese Dokumentation
auch in Japan zu sehen sein wird.“
Michael Edlinger als Heinrich Coudenhove-Kalergi:
„Die Beziehung von Mitsuko und Heinrich klingt auf den ersten Blick
wie aus einem romantischen Märchen, das durch Heinrichs frühen Tod
aber ein jähes Ende fand und seine Frau vor große Herausforderungen
stellte. Heinrich Coudenhove-Kalergi trat für den Austausch der
Kulturen und für religiöse Toleranz ein. Diese Werte, die er auch
seinen Kindern vermitteln wollte, sind heute aktueller denn je. Umso
wichtiger ist es, dass ‚Universum History‘ diese Geschichte erzählt.“
Clemens und Lorenz Coudenhove-Kalergi über das anhaltende Interesse
an ihrer Familiengeschichte:
„Dass eine junge Japanerin sich einfach um 1900 herum beim Kaiser
abmeldet, innerhalb von acht Jahren sieben Kinder bekommt, dann Witwe
wird und einen Besitz mit Forst und Landwirtschaft in Westböhmen
allein übernimmt, sich hier bei Kaiser Franz Joseph anmeldet, ist
schon eine gute Geschichte. Von einer japanischen
Antiquitätenhändlerfamilie nach Europa in eine alte Adelsfamilie
einheiratet – das sorgte schon auch für Aufsehen und war auch für
meinen Großvater und seine Geschwister als Halbjapaner nicht immer
leicht. Eine japanische Autorin hat übrigens in ihrem Buch ‚Die
Gräfin kam aus Tokyo‘ mit diesen Klischees und der Verklärung
Mitsukos aufgeräumt. Es war keine wunderbare Geschichte mit Happy
End, sondern eigentlich eine Geschichte der nicht geglückten
Integration.“
Caroline Haidacher, Sendungsverantwortliche „Universum History“:
„Mitsukos ungewöhnlicher und berührender Lebensweg ist Teil der
österreichischen Geschichte. Zugleich aber spiegelt er Weltgeschichte
wider – eine junge Frau aus dem isolierten Japan des späten 19.
Jahrhunderts baut im von Umbrüchen geprägten Europa ein neues Leben
auf. Sie hatte es nicht leicht, aber sie und ihre Nachkommen haben
das Österreich der Nachkriegszeit mitgeprägt. Deswegen erzählen wir
ihre Geschichte.“




