Zu jung für die Straße, zu „alt“ fürs System: Caritas fordert mehr Schutz für junge Wohnungslose und bittet um Spenden

Wien (OTS) – Wohnungslosigkeit hat in Österreich ein junges Gesicht:
In Wien ist
ein Drittel aller wohnungslosen Menschen unter 30 Jahre alt. „Wie
viele Jugendliche und junge Erwachsene österreichweit betroffen sind,
ist hingegen schwerer zu sagen. Denn eine systematische Erhebung über
Bundesländergrenzen hinweg fehlt. Die Situation wohnungs- und
obdachloser Jugendlicher sollte aber nicht weiter im Dunkeln
bleiben“, betont Caritasdirektor Klaus Schwertner bei einer
Pressekonferenz im a_way, Wiens einzigem Notquartier für Jugendliche.
Um mehr Erkenntnisse über eine bislang wenig beforschte Zielgruppe zu
gewinnen, hat die Caritas deshalb eigene, langjährige Daten zweier
Wiener Einrichtungen für wohnungslose Jugendliche und junge
Erwachsene – der Jugendnotschlafstelle a_way und dem Wohnhaus JUCA –
ausgewertet. „In den vergangenen 20 Jahren wurden in Wien mehr als
10.000 junge wohnungslose Menschen von der Caritas unterstützt und
begleitet, allein im a_way über 58.000 Nächtigungen gezählt. Diese
Zahlen zeigen: Junge Wohnungslosigkeit ist keine Randerscheinung. Sie
betrifft sehr viele junge Menschen und als Gesellschaft sollten wir
diesem Phänomen dringend mehr Aufmerksamkeit widmen“, so Schwertner.

Zu jung für die Straße, zu „alt“ fürs System

Die Auswertung der Caritas macht deutlich, wie biographische
Brüche Chancen auf ein stabiles Zuhause junger Menschen gefährden.
Tom Adrian, Leiter von a_way: „Alle Jugendlichen und jungen
Erwachsenen bringen ihre eigene Geschichte mit. Doch so
unterschiedlich die Schicksale auch sind, so gibt es doch zahlreiche
Gemeinsamkeiten: 76 Prozent unserer Klient*innen haben den Kontakt zu
ihrer Familie abgebrochen. Die Hälfte war bereits in Kontakt mit der
Kinder- und Jugendhilfe (MA11). Und rund ein Drittel hat bereits auf
der Straße oder in einer Notschlafstelle geschlafen. Wir sehen: Viele
junge Menschen sind völlig auf sich allein gestellt. Sie haben schon
viel hinter sich, wenn sie bei uns ankommen.“ Maresi Kienzer,
Leiterin vom Wohnhaus JUCA, ergänzt: „Für viele ist die Zeit auf der
Straße oder in Notquartieren traumatisierend. Es braucht viel Zeit
und Begleitung, um diese Erfahrungen zu verarbeiten. Wir versuchen,
ihnen diese Zeit zu geben.“

Biographische Brüche gefährden Chancen auf Zukunft signifikant!

Die Datenauswertungen der Caritas zeigen, dass biographische
Brüche signifikante Auswirkungen auf die langfristige Stabilität und
die Wohnchancen der Menschen haben. Kienzer: „Je mehr biographische
Brüche die Bewohner*innen in der Vergangenheit erlebt haben, desto
schwieriger wird es für sie, langfristig in stabilen
Wohnverhältnissen Fuß zu fassen.“ So verschlechtert jede
Unterbrechung der Wohnform die Möglichkeit auf eine stabile
Auszugskategorie um jeweils 13,8 Prozent. Haben junge Menschen
bereits eine Delogierung hinter sich, bevor sie in eine Einrichtung
der Caritas kommen, steigt die Wahrscheinlichkeit, nach dem Auszug
prekär zu wohnen, um 89 Prozent. Und eine Nacht auf der Straße oder
in einem Notquartier senkt die Chance auf ein gesichertes Zuhause
nach dem Auszug um 58 Prozent. Haft führt dazu, dass Personen mit 62
Prozent Wahrscheinlichkeit in einer schlechteren Auszugskategorie
landen. Adrian: „Als Notschlafstelle sind wir für viele junge
Menschen in Krisensituationen das letzte soziale Netz. Wir sehen: Je
früher Hilfe ansetzt und die jungen Menschen in Krisensituationen
gezielte Unterstützung finden, desto früher kann Brüchen im
Lebenslauf entgegengesetzt werden. Die Ergebnisse machen
unmissverständlich klar, dass wir damit jungen Menschen eine höhere
Chance auf ein stabiles Wohnen schenken.“

Caritas fordert bundesweite Versorgung und Standards und bittet
um Spenden

„Wir dürfen uns niemals mit Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen
abfinden und sollten daher strukturelle und nachhaltige Unterstützung
zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ermöglichen“, so Schwertner. „Wir
würden uns eine bundesweite Gesamtstrategie im Einsatz gegen junge
Wohnungslosigkeit wünschen. Wir brauchen mehr spezifische Angebote
für junge Wohnungslose und österreichweit einheitliche Standards im
Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Die Kinder- und Jugendhilfe wird
dafür auch mehr Ressourcen benötigen als sie heute hat.“ Ein
spezieller Fokus sollte dabei auf die Unterstützung von Care Leavern
gelegt werden. Das Betreuungsangebot sollte österreichweit bis zum
24. Lebensjahr verlängert werden und nicht mit dem 18. Lebensjahr
enden. Kienzer: „Im Schnitt ziehen junge Menschen in Österreich erst
mit 25 Jahren von zuhause aus – doch gerade von den vulnerabelsten
jungen Menschen erwarten wir Selbstständigkeit ohne Unterstützung ab
dem 18. Geburtstag.“

Um junge Menschen auf ihrem Weg in ein eigenständiges Leben und
Wohnen unterstützen zu können, bittet die Caritas um Spenden.
Schwertner: „Viele der jungen Menschen, die zu uns in das JUCA oder
a_way kommen, bringen kaum mehr als das Nötigste mit – oft fehlt es
ihnen an allem und sie haben keine finanziellen Rücklagen. Daher sind
sie während ihrer Zeit bei uns, aber besonders beim Schritt in die
erste eigene Wohnung, dringend auf Unterstützung angewiesen. Jede
Spende hilft uns, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Notlagen
beizustehen – etwa beim Kauf von Lebensmitteln, beim Ersetzen
abgetragener Kleidung, aber auch bei der Anschaffung von Möbeln. Jede
Unterstützung zählt und schenkt jungen wohnungslosen Menschen die
Chance auf einen Neuanfang.“

Spendenkonto:

Erste Bank

BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
Kennwort: Hilfe für wohnungslose Jugendliche

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auf dem Weg in eine eigenständige Zukunft unterstützt.